Kiki Thaerigen

Kiki Thaerigen kehrt nach einem langjährigen Gastspiel als Digital Pioneer im strategischen Marketing gerade zu ihren Wurzeln als Designerin und Illustratorin zurück. Sie ist lesesüchtig und schreibt und zeichnet seit ihrem 4. Lebensjahr Geschichten und Comics, hat aber seltsamerweise bislang noch kein Buch veröffentlicht, „weil es sich noch nicht ergeben hat“ wie sie sagt. Aktuell arbeitet sie an einer Sammlung von Vignetten über das Golfspiel. Kiki redet nicht gern in der dritten Person über sich, bloggt unter anderem auf e13.de und lebt in Hamburg.

Das Leben und das Schreiben

Das Leben und das Schreiben: Memoiren

Meiner bescheidenen Ansicht nach zählt King stilistisch und nicht selten auch inhaltlich zu den grossen US-amerikanischen Schriftsteller seiner Generation. Dass ihm die Anerkennung seiner Kollegen bislang verwehrt geblieben ist, sagt mehr über die lieben Kollegen und das Feuilleton aus als über King. Wer ein unglaublich spannendes und lehrreiches Buch lesen will, der wird hier fündig. On Writing besteht aus zwei Teilen: Teil eins beschreibt seine Kindheit und seinen Werdegang als Schriftsteller. Wer wissen will, wie einer nur auf so abartige Ideen für Horrorromane kommt, der bekommt hier eine Ahnung. Im zweiten Teil plaudert er aus dem Handwerkskasten eines Autoren. – Wer das Buch nicht auf Englisch lesen kann oder mag, sollte sich die deutsche Übersetzung von Andrea Fischer zulegen, die wirklich sehr gut ist.

„Mein Charakter ist eine unentwirrbare Mischung aus Aufbegehren und konservativer Bodenständigkeit. Der verrückte Teil von mir hatte ‚The Village Vomit‘ geschrieben und mit zur Schule genommen. Nun, nachdem sich der durchtriebene Mr. Hyde nach seinem Murks durch die Hintertür davongemacht hatte, konnte sich Dr. Jekyll Gedanken machen, wie mich meine Mom wohl ansehen würde, wenn sie erfuhr, daß ich der Schule verwiesen worden war – ihr verletzter Blick! Ich mußte den Gedanken an sie so schnell wie möglich aus meinem Kopf verbannen. Ich war im zweiten Jahr auf dieser Schule, war ein Jahr älter als die meisten meiner Klassenkameraden und gehörte mit 1,85 Meter zu den größeren Jungen. Ich wollte auf keinen Fall in Mr. Higgins’ Büro weinen, während sich die anderen am Fenster vorbei durch den Gang stahlen und neugierige Blicke hereinwarfen. Mrs Higgins saß hinter seinem Schreibtisch, ich auf dem Stuhl der Missetäter. Am Ende erklärte sich Miss Margitan mit einer Strafe von zwei Wochen Nachsitzen und einer Entschuldigung von dem bösen Buben einverstanden, der es gewagt hatte, sie schwarz auf weiß Made zu nennen. Das war schlimm, sicher, aber ist das nicht alles auf der High School? Solange wir in der Schule hocken wie Geiseln in einem türkischen Bad, erscheint sie allen wie die ernsteste Angelegenheit der Welt. Erst beim zweiten oder dritten Klassentreffen beginnen wir zu begreifen, wie absurd alles war.“

Autor: Stephen King. Übersetzerin: Andrea Fischer.

Auch erwähnt von: Else Buschheuer und Mirko Kussin.

Alchimie der Liebe

Alchimie der Liebe: Gedichte. Zweisprachig

Mit Gedichten und Poesie kann man mich für gewöhnlich jagen. Goethe, Schiller, Ringelnatz, Gernhardt – geht mir weg. Drei Ausnahmen gibt es allerdings: erstens melancholische japanische Haikus, zweitens dreckige irische Limericks und drittens John Donnes Sonette. Ich weiss nicht warum, aber seine Worte berühren mich sehr und vielleicht sollte man das ja auch alles gar nicht so unters Mikroskop legen und zu erklären versuchen.

„When I am dead, and doctors know not why,
And my friends’ curiosity
Will have me cut up to survey each part,
When they shall find your picture in my heart,
You think a sudden damp of love
Will through all their senses move,
And work on them as me, and so prefer
Your murder to the name of massacre.“

Autor: John Donne

A Good Life

A Good Life

Bradley ist Journalist und war u.a. zwischen 1965 und 1991 Chefredakteur der Washington Post. Seine Memoiren aus über einem halben Jahrhundert Journalismus gehören mit denen seiner Mitstreiterin und Herausgeberin der Post, Kate Graham, zu den interessantesten Biografien in meinen Regalen. Die Geschichten um die Pentagon Papiere und den Watergate Einbruch kennt heute nicht zuletzt dank Bradlee und Graham jedes Kind. Ohne deren Rückhalt, auch gegenüber dem Rest der Redaktion – die Post ist nicht gerade als Fackelträgerin der Demokraten bekannt – hätten die Reporter Bernstein und Woodward kaum so lange durchgehalten. Aber obwohl diese Zeit den Löwenanteil des Buchs ausmacht, ist auch der Rest sehr lesenwert, ganz besonders im Hinblick auf den aktuellen Stand des Politjournalismus, den man, von Ausnahmen abgesehen, nur als tragisch bezeichnen kann.

„Journalism after Watergate changed in another important way, more subtle and harder to define. And I realize I may be speaking about myself, here, although I believe I am speaking about my colleagues, too. I had already declined an invitation to join the newspaper establishment’s Valhalla, the Gridiron Club. I felt that newspaper people and newsmakers should keep a civil distance from each other. Watergate marked the final passage of journalists into the best seats of the establishment. This trip had begun long before when men such as Walter Lippmann and Arthur Krock separated themselves from the rough-and-tumble, hard-drinking journalists made famous in the 1920s in Hecht and MacArthur’s Front Page and emerged in the 1930s as leaders of a new tribe of intelligent, educated, eminently presentable newspaper people, mostly male. In their wake came the Scotty Restons, the Alsop brothers, Marquis Childs, Ed Lahey, Roscoe Drummond, and, finally the pioneers of television like Murrow, Huntley, Brinkley, and Cronkite, who mixed easily with leaders of government and business. If they all weren’t making Wall Street money set, they were well on their way to respectability. Watergate was the last leg of this trip, bestowing the final accolade of establishmentarianism, or the semblance of it, on the daily press.“

Autor: Ben Bradlee

Der talentierte Mr. Ripley

Der talentierte Mr. Ripley (detebe)

Das ist eines der Bücher, die ich im Alter von etwa elf oder zwölf Jahren las (eigentlich viel zu früh) und die mich ungeheuer beeindruckt haben – sprachlich wie inhaltlich. Ich lese das Buch immer wieder mal und entdecke auch immer Neues darin. Die Filme, die auf den Büchern über den charismatischen Soziopathen, Mörder und Betrüger Tom Ripley basieren, könnten, wie ihre Hauptdarsteller auch, unterschiedlicher nicht sein, Alain Delon, Dennis Hopper, Matt Damon, John Malkovich und Barry Pepper haben sich an ihr versucht und sind auf die eine oder andere Art gescheitert.

„Da kam er. Der Mann blickte sich suchend um, sah ihn und schaute sofort zur Seite. Er nahm seinen Strohhut ab und suchte sich einen Platz um die Ecke der Bar. Mein Gott, was wollte er bloß? Ganz sicher, daß er nicht zur anderen Fakultät gehörte, ging es Tom nun schon zum zweitenmal durch den Kopf. Aber sein gemartertes Hirn drehte und wendete dieses Wort, gerade als könne das Wort ihn schützen; es wäre ihm viel lieber, der Mann gehörte dazu und nicht zur Polizei. Dann könnte er ihm einfach sagen: »Nein, vielen Dank«, könnte freundlich lächeln und seiner Wege gehen. Tom schob sich auf seinem Hocker zurecht und riß sich zusammen. Er sah, wie der Mann dem Barkeeper ein Zeichen gab; dann kam er um die Ecke der Bar auf ihn zu. Es war soweit. Tom starrte ihm entgegen, keiner Bewegung fähig. Mehr als zehn Jahre können sie dir nicht geben, dachte er. Vielleicht fünfzehn, aber bei guter Führung … Jetzt öffnete der Mann den Mund, um zu sprechen. Ein Stich verzweifelter, quälender Reue durchzuckte Tom.
»Entschuldigen Sie – sind Sie Tom Ripley?«
»Ja.«
»Ich bin Herbert Greenleaf. Richard Greenleafs Vater.«

Autorin: Patricia Highsmith. Übersetzerin: Melanie Walz.

Mein Sylt

Mein Sylt (marebibliothek)

Ein kleines, dünnes Büchlein, mit Fotografien von Karin Székessy. Ich bin immer sehr verwundert, wenn Leute meine Insel madig machen wollen, es gäbe zu viele Neureiche und C-Promis und Spinner dort und alles wäre ruiniert und viel zu teuer und ach, sowieso, alles überschätzt. Ja, das kann man so sehen, aber das ist nicht meine Insel, die Ihr da beschreibt. Und der Autor ist einzige Mensch, der bislang auch nur ansatzweise zu verstehen scheint, was so unbeschreiblich schön an Sylt ist. Ich lese das Büchlein und finde mich auf fast jeder Seite. Ich darf es nicht so oft in die Hand nehmen, sonst wird die Sehnsucht zu groß und das Herz zu schwer.

„Diese morgendlich herankriechenden Seenebel, gegen Mittag von der Sonne aufgeleckt; diese lil mit Heidekraut wattierten Mulden, in denen abends pünktlich die Kaninchen äsen; und diese Greisenfalten des Roten Kliffs, die Jahr um Jahr tiefere Furchen zeigen: das gibt es nur ein Mal auf der Welt. Das Ganze ist mehr als die Summer seiner Teile. Wo gäbe es das nicht auch: Vollmondnacht, Gischt und Tanggeruch. Aber wie hier, am Kliff von Morsum, plätschernd das Wasser nach einem grapscht, eine unheimlich singende Meeresversion des «Erlkönig» erklingen läßt; und wie hier der Himmel aufgerissen wird, schweigend und zerspleißend zugleich wie Seide, wenn die Vögel im Naturschutzgebiet des Rantumer Beckens ihn schneiden: das gibt es nur hier auf der Welt.“

Autor: Fritz J. Raddatz. Fotografin: Karin Székessy