Verena Maria Dittrich

Verena Maria Dittrich wurde im Spreewald geboren und hat sorbische Wurzeln. 
Wenn sie nicht schreibt, arbeitet sie für „N24“ und „n-tv“. Dort wiederum macht sie aber auch nichts anderes als Schreiben, hauptsächlich Film-Kritiken über Rocky, Bruce Willis oder alles was mit Kämpfen, von Hochhäusern springen, Hubschraubern und doofen Gangstern zu tun hat. 2010 veröffentlichte sie im „Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag“ ihr Debüt „Sexgöttin„. Anschließend erschienen „111 Gründe, Berlin zu lieben„, ein literarischer Reiseführer in Kurzgeschichtenform und noch ein paar Bücher mehr.
 Verena Maria Dittrich lebt für unglaubliche 261 Euro Miete in einem großen, unsanierten, irgendwie vergessenen Gartenhaus in Berlin-Pankow. Einziges Manko: Niemals Handy-Empfang und selten Netz. Nach dem Tod ihres Vaters arbeitet sie nun wieder an einem Manuskript, einer DDR-Familiensaga mit dem Titel: „Mein Rotes Kreuz“. 
Demnächst erscheinen aber erst einmal einige ihrer Geschichten unter dem Titel: „Auf jeden Fall nichts mit Menschen“.

Verficktes Herz

Verficktes Herz: & andere Geschichten

Noras Gantenbrinks Sprache ist eine ganz eigene. Ehrlich, klar wie ein Bergsee und unverwechselbar. Eine Sprache, die mich beruhigt und gleichzeitig beben lässt. Dabei schreibt sie über ganz alltägliche Dinge: Liebe, Kummer, Sehnsucht – Gefühle, die keinem neu sind. Aber wenn ich ihre Kurzgeschichten lese, dann ist das wie nach Hause kommen, die Katze begrüßt einen an der Tür und manchmal kriegt niemand sonst etwas davon mit, dass man überhaupt da bist. Und wenn ich eine weitere Buchseite umblättere, ist es fast schon egal, ob auf der Straße jemand brüllt oder meine Gefühle beim Lesen den x-ten Schleudergang antreten.

Autorin: Nora Gantenbrink

Die halbe Stadt, die es nicht mehr gibt

Die halbe Stadt, die es nicht mehr gibt: Eine Kindheit in Berlin (West)

Wie ich dieses Buch liebe! Ulrike Sterblich erzählt darin von ihrer Kindheit in Berlin, West-Berlin wohlgemerkt. „Zuhause ist, wo das Herz ist“, hat meine Großmutter immer zu mir gesagt, wenn ich mit ihr als Kind in den Ferien nach Ost-Berlin gefahren bin, damals 1985, und jedes Mal wissen wollte, wie das Leben auf der anderen Seite der Mauer ist. Ich – das Zonenkind – habe mich bei diesem Satz von Großmutter oft gefragt, was das für Leute sind, die „rübermachen“ wollen und keinen Bock mehr auf Sozialismus haben. Ich bin in der DDR groß geworden. Ich bin ein Plattenkind. Wir lebten in einem kleinen Arbeiterviertel, namens Schmellwitz, in einer Mietwohnung, Marke P2, für 80 Mark. Als Kind dachte ich, dass diese Wohnung für immer mein „Zuhause“ sein würde, ich dachte sogar, dass jedermanns Zuhause irgendwie so ähnlich aussähe wie meins, jedenfalls in der DDR. Alles in meinem Viertel war immer ein bisschen zu grau, zu hellhörig, zu bedeckt, zu verwanzt. Viele Plätze und Straßen haben heute, erst recht in Berlin, andere Namen. Die Straßenschilder verschwanden nach dem Fall der Mauer schneller, als dass man sich den Sozialismus abgewöhnt hatte. Das Buch von Ulrike Sterblich ist das Buch eines Mädchens wie ich eines war, nur auf der anderen Seite der Mauer. Ihre Kindheit war meiner gar nicht so unähnlich und ich hab beim Lesen gemerkt: egal wie trostlos und grau die Zone auch war: Wichtig ist, was man im Herzen trägt.

Autorin: Ulrike Sterblich

Motel Life

Motel Life

Selten habe ich einen Roman gelesen, der mir so lange im Gedächtnis geblieben ist. Willy Vlautin erzählt in „Motel Life“ die tragische Geschichte zweier Brüder, die – im wahrsten Sinne des Wortes – ein Haufen Scheiße am Hals haben und auf ihre ganz eigenen unterschiedlichen Art und Weisen versuchen, den Karren gemeinsam aus dem Dreck zu ziehen. Dieser Road Movie hat alles, was eine gute Geschichte braucht: eine großartige Story, eine leise Liebe, zwei tiefgründige, authentische Kerle, einen Schuss Wahnsinn und ein phantastisches Ende. Die wunderbaren Illustrationen sind nur das Tüpfelchen auf dem i.

Autor: Willy Vlautin. Übersetzer: Robin Detje.

Sommerhaus, später

Sommerhaus, später: Erzählungen

Ich weiß nicht wieso, aber ich habe oft Sehnsucht nach Judith Herman. Vielleicht bin ich ja verknallt in Judith Herman und kann nicht verstehen, wieso ich schon so lange nichts Neues mehr von dieser fabelhaften Autorin gelesen habe. Jedes Wort, das sie schreibt, ist an der richtigen Stelle, der Sound ihrer Geschichten ist wie ein Pullover mit 75 Prozent wärmender Wolle und 15 % Synthetik und Polyester, nur dass bei ihr das Kratzen überhaupt nicht unangenehm ist. Wenn ich so schreiben könnte wie Judith Hermann, wäre es mir wurscht, wenn meine Heizung nicht ginge und im Kühlschrank nur ein vergammelte Dose gezuckerte Ananas stünde.

Autorin: Judith Hermann

Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend

Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend

In 168 Episoden erzählt Altmann wortgewaltig von seinen Kinderjahren, einem Leben zwischen Kirchengang, Gewalt am Mittagstisch und dem Betteln nach Liebe. Ein Leben zwischen Verzweiflung, Wut, Religion und Hoffnung. Als katholisch erzogenes Kind mit Religionsunterricht im Staate Honecker habe ich dieses Buch förmlich verschlungen. Altmann kehrte seiner Familie den Rücken und die Wunden heilten, aber der Schorf, der sich jahrzehntelang wie eine Decke über sein Herz gelegt hat, sorgt dafür, dass der Autor einen so schonungslosen, nie larmoyanten Einblick in seine zerrüttete Kindheit gewähren kann und den Leser mitreißt, in eine Welt der Scheinheiligkeit. Hin- und wieder sucht man zwischen diesen wuchtigen Zeilen nur eines: den Notausgang, den Altmann nicht hatte. Weiterlesen muss man trotzdem.

Autor: Andreas Altmann