Pia Drießen ist geborene Kölnerin, lebt in einer putzigen Rheinbeuge zwischen Köln und Bonn, arbeitet was mit sozialen Medien, hat einen Mann und drei Kinder. So weit, so spießig. Seit 2002 schreibt sie ins Internet. Ihr Blog heißt “Bis einer heult!”, aber die Leute lesen es trotzdem. Sie hört häufiger, ihre Stimme sei tiefer, ihr Lachen dreckiger und ihre Art rotziger, als man es ihren Texten anlese. Und rosa mag sie auch nicht.
Das Haus der Treppen
Ich glaube, ich muss in der 8. Klasse gewesen sein, als ich dieses Buch las. Die Geschichte von 6 Jugendlichen, die plötzlich an einem Ort erwachen, der ausschließlich aus Treppen besteht, kein Oben und kein Unten und schon gar keinen Ausgang hat, hat mich sehr lange aufgewühlt, gefesselt und zum nachdenken gebracht. Die geschilderten gruppendynamischen Prozesse, die klassische Konditionierung von Menschen, als wären sie Tiere, die Veränderung des Wesens und die aufkeimende Gewaltbereitschaft der Protagonisten hat dazu geführt, dass ich mich lange mit der Frage beschäftigt habe: Wie viel Tier steckt in uns Menschen? Spielen wir alle nur eine sozialkompatible Rolle und was geschähe mit mir selber, würden morgen alle gesellschaftlichen Konventionen ihre Bedeutung verlieren? Letztendlich hat mich dieses Buch viel gelehrt, nicht zuletzt über mich.
Autor: William Sleater. Übersetzerin: Hannelore Placzek.
Stolz und Vorurteil
Diese eine Liebe, die auf den ersten Blick entbrennt und dennoch verleugnet wird. Ich bin auf jeder Seite, bei jedem Satz und jedem Wort dahin geschmolzen. Die Sprache von Jane Austen nimmt einen mit auf eine Zeitreise, in der man sich in Personen einfühlt, die, trotzdem sie ein so völlig fremdes Fühlen und Denken haben, zu engen Vertrauen werden. Man möchte Elisabeth anschreien und schütteln: „Los, erkenn doch endlich, wie zauberhaft Du bist und wie sehr er Dich will!“ Und man möchte Mr. Darcy immer und immer wieder aufs Revers boxen und „Jetzt sei kein arroganter Pisser!“ brüllen. Dazwischen heult man immer wieder Rotz und Wasser, auch wenn man schon lange weiß, dass gut wird, was gut werden muss.
Autorin: Janes Austen. Übersetzerin: Karin von Schwab.
Auch erwähnt von: Katrin Seddig
Crossfire (4 Bände)
Es gibt ja Menschen, die stellen Crossfire und 50 Shades of Grey nebeneinander in ihr Bücherregal. Dabei liegt der Unterschied ganz klar auf der Hand: Crossfire muss man lesen, 50 Shades of Grey sollte man lieber wegwerfen. Eva, die Crossfire Protagonistin ist taff und kein Mimimi-Mädchen ohne Selbstachtung. Die erotische Anziehungskraft zwischen ihr und Gideon Cross (allein der Name ist Sex pur) knistert selbst beim Lesen, ohne die Handlung auf die sexuellen Eskapaden der beiden zu beschränken. Beide Charaktere sind tiefgründig, haben eine bewegte Vergangenheit und handeln nachvollziehbar, wenn auch zeitweise sehr extrem. So oft, wie man beim Lesen überrascht die Augen aufreißt und selbst in belebten Straßenbahnen ein lautes „WAS?“ brüllt, kommt man einfach gar nicht dazu, die Bücher zur Seite zu legen. Natürlich ist es wie bei jeder Buchreihe: das eine Werk ist besser, als das andere. Aber alles in allem ist es eine sehr runde Geschichte mit Drama, Liebe und Sex, die leider noch auf ihr großes Finale in Band 5 wartet.
Autorin: Sylvia Day. Übersetzerin: Eva Malsch, Nicole Hölsken.
Deine Seele in mir
Allein die richtigen Worte zu finden, um dieses Buch zu beschreiben, ist eine Herausforderung. Ich liebe Geschichten, die diesen kleinen fein Hauch von „möglich wäre es ja“ haben, auch wenn man rein objektiv ganz klar von Fiktion sprechen muss. Der Gedanke, dass eine mit Gewalt gebrochene Seele einen mit Gewalt gebrochener Körper überleben kann und sich ihren Weg sucht, um „nach Hause“ zu finden, hat mich nicht mehr losgelassen. Die Geschichte von Matt und Amy erzählt genau das. Dass eine Kinderliebe, frei von Erwartungen und Konventionen, so stark ist, dass selbst das scheinbar Unmögliche möglich wird. Susanna Ernst erzählt diese Geschichte so anschaulich und realistisch, dass man zum Schluss wirklich hofft, es würde ein Funken Wahrheit in diesem Roman stecken. Zudem war das Ende sowas von unvorhersehbar und überraschend, dass man selbst Tage später noch mit dem Kloß im Hals kämpfen muss, wenn man sich daran erinnert.
Autorin: Susanna Ernst
Ein ganzes halbes Jahr
Vielleicht liegt der Zauber dieses Buches darin, dass man beim Lesen des Klappentextes etwas völlig anderes erwartet, als man dann geboten bekommt. Zwar steht da, es handle sich um eine Liebesgeschichte, aber sind wir ehrlich: es ist eine Lebensgeschichte. Eine Geschichte von der Gratwanderung zwischen Leben und Liebe. Und die Frage, ob das eine das andere bedingt. Oder ob Liebe ausreicht, um leben zu können, nein, zu wollen? Ein ganzes halbes Jahr kann ein Leben verändern. Ebenso sehr wie eine einzige Sekunde, ein einziger Moment. Hier führt letztendlich das eine zum anderen. Eine Sekunde zu einem halben Jahr zu einem ganzen Leben. Oder auch nicht. Der für mich schönste und bewegenste Jojo Moyes Roman bislang.
Autorin: Jojo Moyes. Übersetzerin: Karolina Fell.