Inge Löhnig führte bis vor Kurzem ein Doppelleben als selbständige Grafik-Designerin und Autorin von guter und spannender Unterhaltung für Jung und Alt. Mittlerweile lebt die gebürtige Münchnerin vom Schreiben allein und mit Mann, Kindern und Kater vor den Toren der Stadt. Dort träumt sie gelegentlich bei Schokolade und grünem Tee von einem Häuschen in der Bretagne.
Der Zauberer der Smaragdenstadt
Das Buch meiner Kindheit – Dieses Buch bekam ich von einer Tante aus der DDR geschenkt. Ich bin sofort in die Welt von Elli eingetaucht, deren Häuschen von einem Sturm über eine Bergkette in ein Zauberland getragen wird. Dort helfen Elli und ihr Hündchen Toto der Vogelscheuche Scheuch, dem Eisernen Holzfäller und einem feigen Löwen bei der Erfüllung ihrer sehnlichsten Wünsche. Denn das ist die Voraussetzung, um wieder nach Hause zurückkehren zu können. Natürlich gibt es zahlreiche Abenteuer zu bestehen, bevor Hilfe vom sagenumwobenen Zauberer zu erlangen ist.
Ich kannte das Buch bereits in- und auswendig, als eines Tages im Fernsehen die Verfilmung des Kinderbuchklassikers The Wizard of Oz lief und war hellauf empört: Da hatte doch jemand Alexander Wolkows wunderbare Geschichte vom Zauberer der Smaragdenstadt gestohlen. Später erfuhr ich, dass Wolkow den Übersetzungsauftrag für die Russische Ausgabe von The Wizard of Oz erhalten hatte, dabei jedoch das Buch änderte bis schließlich eine Nachdichtung entstanden war.
Autor: Alexander Wolkow, Leonid Wladimirski
Vom Winde verweht
Das Buch meiner Teenagerzeit – Dieses Buch ist so viel mehr, als nur die verfilmte Liebesgeschichte. Es ist ein grandioses Antikriegsbuch. Es ist ein Buch über die Emanzipation einer Frau, zu einer Zeit, als die Suffragetten noch nicht einmal in den Windeln lagen. Es ist ein Buch über die Tragödie einer Frau, die so viel erreicht hat und dann sich selbst verliert.
Autorin: Margaret Mitchell
Schatten
Ein Krimi, der mich restlos begeistert – Schatten ist die Geschichte einer Familie, deren Oberhaupt seit Jahrzehnten ein Geheimnis hütet. Ein Geheimnis, das ihn, den berühmten Schriftsteller Ragnerfeldt vernichten würde, sollte es ja ans Tageslicht kommen. Leider hat Ragnerfeldt versäumt, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass dies nicht geschehen kann. Nun liegt er nach einem Schlaganfall im Pflegeheim, unfähig sich zu artikulieren. Er kann nicht verhindern, was nun geschieht.
Karin Alvtegen jagt ihre Figuren gnadenlos durch die Handlung und nimmt die Leser mit auf eine Reise durch menschliche Abgründe. Unbeirrt treibt sie die Geschichte voran, bis zum bitteren, atemlosen Schluss, an dem man als Leser doch noch einen Funken Hoffnung hat, die Autorin würde von dieser Gradlinigkeit abweichen und dieses Ende nicht zulassen.
Autorin: Karin Alvtegen
Melnitz
Ein Buch, das ich anfangs nicht lesen wollte – Als ich den Klappentext las, dachte ich: Nicht schon wieder die Geschichte einer verfolgten jüdischen Familie. Doch dann schlug ich das Buch auf, begann zu lesen und wollte den Roman nicht mehr aus der Hand legen.
Über vier Generationen spannt Charles Lewinsky die Geschichte des Viehhändlers Salomon Meijer, der mit seiner Familie im Schweizer Endingen lebt. Der Leser begleitet ihn und seine zahlreichen Verwandten und Nachkommen vom Jahr 1871 bis zum Beginn der Nazizeit.
Harte Kost, dachte ich. Doch dieses Buch ist mit einzigartiger Leichtigkeit geschrieben. Als Leser wird man ein guter Freund dieser Familie und ist traurig sie nach beinahe 800 Seiten verlassen zu müssen.
Autor: Charles Lewinsky
Der Sommer ohne Männer
Eine Neuentdeckung – Ein Spontankauf. Mir gefiel die liebevolle Aufmachung des Buchs und außerdem war ich neugierig auf Siri Hustvedt, von der ich schon viel gehört aber noch nichts gelesen hatte. Bis zu diesem Kauf war sie für mich die Frau von Paul Auster, der in mir einen treuen Fan hat.
Mia, eine Frau in mittleren Jahren, erleidet einen psychischen Zusammenbruch als ihr Mann Boris erklärt, eine Ehepause zu brauchen. Wie sich herausstellt, ist die Pause dreißig Jahre jünger als Mia.
Als Mia das Schlimmste überstanden hat und die Psychiatrie verlassen kann, flüchtet sie von New York in das Provinznest ihrer Kindheit. Dort lebt ihre Mutter in einem Altenheim, umgeben von ihren Freundinnen, den fünf Schwänen, wie Mia sie bald nennt. Den Sommer verbringt Mia in einem gemieteten Haus, befreundet sich mit den alten Damen – unvergessen: Abigailes geheime Unterwäsche – unterrichtet eine Gruppe pubertierender Mädchen im Schreiben und freundet sich mit der jungen Mutter im Nachbarhaus an.
Das ruhige Leben der fünf Schwäne wird jedoch durch Tod und Krankheit gestört. Die angehenden Dichterinnen verstricken sich in Streit, Missgunst und Intrigen, und im Nachbarhaus prügelt der Mann seine Frau. Die großen und kleinen Dramen des Lebens. Am Ende des Sommers, hat Mia wieder Boden unter den Füßen, was sie einigermaßen überrascht.
Der Sommer ohne Männer ist ein kluges, unaufgeregtes Buch über das Frausein. Und: Paul Auster ist Siri Hustvedts Mann.
Autorin: Siri Hustvedt